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Fotoworkshop in Rourkela

Im Dezember 2016 reisten Fotografin Rendel Freude und Kristin Kunze, Clownin und zuständig für die Gruppenbewegung, mit Unterstützung der FREELENS Foundation für einen Fotoworkshop nach Indien. Genauer gesagt nach Rourkela, eine Industriestadt mit ca. 300.000 Einwohnern und großem Stahlwerk, ungefähr 500 Kilometer westlich von Kolkata.

Fünf Tage Work­shop mit dem Ziel ein­er anschließen­den Fotoausstel­lung waren geplant. Zwölf Teil­nehmerin­nen aus den Klassen neun bis elf der Eng­lish Girls School mit ins­ge­samt 2.200 Schü­lerin­nen wur­den für den Work­shop aus­gewählt. Die Mäd­chen im Kurs: wiss­be­gierig, schnell im Ver­ständ­nis, zwei von ihnen wollen Fotografin wer­den – weil man damit ganz frei ist, alles zu tun, was man will. Die Fotos: Struk­turen, Fre­undin­nen, auf der Straße. Alle Teil­nehmerin­nen: aktive Smart­phone-Self­ie-Meis­terin­nen.

Einige Mäd­chen hat­ten schon mit großen Kam­eras fotografiert und so ging es am ersten Work­shop-Tag um das Sehen selb­st: wie schaut ihr in die Welt, wie fotografiert ihr mit dem Handy, was fotografiert ihr am lieb­sten? Mit dem Pap­prah­men einen Auss­chnitt wählen und gezielt ein Bild aus­suchen ist ganz neues Sehen. Was ist Räum­lichkeit, die dritte Dimen­sion? Was bedeutet das fürs Bilder machen?

[Foto: Ren­del Freude]

Nach den Trock­enübun­gen ging es mit den Kam­eras raus auf den Schul­hof. Die Mäd­chen durften so viele Auf­nah­men machen, wie sie woll­ten – mussten dann allerd­ings alle bis auf die fünf lieb­sten wieder löschen. Eine schwierige Auf­gabe! Für die näch­ste Runde einigte man sich darauf, die Num­mern der fünf lieb­sten Auf­nah­men zu nen­nen – die anderen Auf­nah­men aber nicht mehr zu löschen.

Trotz ver­meintlich trock­en­er The­o­rie am zweit­en Tag blieben die jun­gen Frauen inter­essiert und ver­standen die Grund­prinzip­i­en. Zur Auflockerung und Entspan­nung fol­gte eine Ein­heit Bewe­gung und Sin­gen mit Kristin. Näch­ster Schritt: Gestal­tungs­grund­la­gen wie gold­en­er Schnitt, Blick­rich­tung, Hoch- und Quer­for­mat – und wie set­ze ich diese Dinge mit der Kam­era um? Dazu ging es wieder raus auf den Schul­hof, Mitschü­lerin­nen fotografieren, Gräs­er oder Gebäude.

[Foto: Ren­del Freude]

Inhaltlich ging es nun auch schon um die Ausstel­lung: zum weit­ge­fassten Oberthe­ma »Emo­tio­nen« soll­ten die Mäd­chen in Zweier­grup­pen fotografieren. Zu den aus­gewählten The­men waren die Schü­lerin­nen auf dem und rund um das Schul­gelände unter­wegs und fotografierten Men­schen, viele Bäume, Häuser und sich selb­st.

Nach der Besprechung der Bil­dauswahl für die Ausstel­lung war der ein­wöchige Work­shop eigentlich vor­bei, aber die Schü­lerin­nen fragten, ob man nicht noch Street Pho­tog­ra­phy machen könne – am lieb­sten nicht in Schu­lu­ni­form. Also traf sich die Gruppe am Sam­stag zu einem gemein­samen Mark­tbe­such. Die Händler, so Ren­del Freude, waren erstaunlich geduldig, von den Mäd­chen umringt und fotografiert zu wer­den.

[Foto: Ren­del Freude]

Eine Woche später – die Fotos waren ver­größert und in Rah­men wieder in die Schule geliefert wor­den – traf sich die Gruppe wieder und bere­it­ete in der Aula die Ausstel­lung vor. Weil in die Wände keine Nägel geschla­gen wer­den dür­fen, brauchte es eine andere Lösung: 16 Tis­che wur­den kurz­er­hand als großes U aufgestellt, auf jeden Tisch eine Schul­bank gelegt und die Bilder an die Bank gelehnt und fest­gek­lebt.

Zur über die Laut­sprech­er von der Schulleitung angekündigten Eröff­nung der Ausstel­lung mor­gens um halb elf kamen zuerst alle Lehrerin­nen und dann in ein­er lan­gen Rei­he hin­tere­inan­der ALLE Mitschü­lerin­nen – die Kleinen, die kaum über die Bilder drüber schauen kon­nten, und die Großen. Nach­mit­tags kamen außer­dem einige Eltern und zum großen Vergnü­gen der Ausstel­lerin­nen auch die Fre­unde von der Boys School nebe­nan.

[Foto: Ren­del Freude]
[Foto: Ren­del Freude]

Nach vie­len Gesprächen über Bilder und viel Lob blieben glück­liche und erschöpfte junge Fotografinnen zurück. Zum Abschluss des Work­shops eine Ausstel­lung zu präsen­tieren, war für die Teil­nehmerin­nen sehr motivierend. Das Ergeb­nis der eige­nen Kreativ­ität öffentlich zu zeigen, machte Mut.