Eine Woche haben die Fotografin Rendel Freude und Kristin Kunze (Clown) Zeit für den Fotoworkshop mit EYE (Ejo Youth Echo) in Kigali. EYE ist eine ruandische Jugendorganisation, die Radiobeiträge produziert, die dann über verschiedene Radiostationen wie Voice of America und Radio Tayna in Goma ausgestrahlt werden. Sofern finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, wird zu den recherchierten Themen auch eine Zeitschrift auf Kinyarwanda und Französisch erstellt. Die Organisation wird vom Zivilen Friedensdienst unterstützt und kooperiert mit Never Again Rwanda – der NGO, mit der bereits 2014 ein Fotoworkshop in Huye organisiert wurde.
Neben den fünf Kameras, die die FREELENS Foundation bereits 2014 gespendet hat, sind mit Thibaut und Jean-Michel auch zwei Teilnehmer aus dem letzten Workshop wieder dabei. Die insgesamt zwölf Teilnehmer sind zwischen 16 und 24 Jahre alt, noch in der Schule, in der Berufswahl oder schon im Studium.
Nachdem die Kameras verteilt wurden, wird Montag mit Übungen zu verschiedenen Einstellungen gestartet: fokussieren, Hoch- oder Querformate, Weitwinkel, Tele und so weiter. Bei den Trockenübungen finden es alle spannend, mit einem geschlossenen Auge zwei Finger aufeinander treffen zu lassen – und so festzustellen, dass die dritte Dimension im Leben (un)sichtbar ist. Basics wie Blende, Zeit und ISO-Werte sind bei den kleinen Kameras allerdings nur noch schwer vermittelbar – so viel Automatik, so viele andere technische Möglichkeiten. Zur Auflockerung des technischen Teils macht Kristin Kunze mit den Teilnehmern Körperübungen zu Präsenz und Haltung.
Am Dienstag wird das Thema Gestaltung besprochen – wieder mit vielen Übungen. Was macht ein Bild gut und warum? Was soll mit den Bildern erreicht werden? Dann wird das übergreifende Thema für die Projekttage festgelegt: Peacebuildung. Ein Thema, dass nicht nur EYE, sondern auch viele weitere ruandische NGOs beschäftigt. Es wird diskutiert, wie es bildlich dargestellt werden kann: Menschen, die sich die Hände geben, Kinder, die zusammen spielen und viele wachsende Pflanzen werden vorgeschlagen.
Der Unterschied zwischen Radiomachen und Fotografieren zeigt sich schnell: die Inhalte, die in einem Foto untergebracht werden sollen, wären auch für mehrere längere Bildstrecken gut. Zum Abschluss des Tages werden Teams gebildet, die in den nächsten zwei Tagen miteinander unterwegs sein werden. Rendel Freude ist es hierbei besonders wichtig, allen mitzugeben, dass sie den Menschen mit Respekt begegnen und auch so fotografieren sollen.
Am Mittwochmorgen ziehen die Workshop-Teilnehmer los in die Nachbarschaft. Die große Herausforderung für alle: nicht mehr sich gegenseitig zu fotografieren, sondern Fremde anzusprechen und mit der Kamera in der Öffentlichkeit unterwegs zu sein. Bei der späteren Bildbesprechung sind alle sehr aufgeregt, wie was aussieht und wie ihre Ideen im Bild funktionieren. Per Beamer werden die Bilder gezeigt und mit Lightroom zeigt Rendel Freude, wie Ausschnitte oder Farben verändert werden können und wie sich damit Bildaussage oder Qualität einer Aufnahme verändern. Fazit des Tages: es ist gut, nah heranzugehen und konzentriert zu sein.
Am Donnerstag sind die Teams wieder unterwegs, im Kopf die Anregungen aus der Bildbesprechung. Mit Motorradtaxis oder zu Fuß verschwinden alle in verschiedene Richtungen und kommen Stunden später frohgelaunt zurück. Am Nachmittag wird im Radiostudio eine Sendung simuliert und Rendel Freudes Kamera (die große, professionelle, sehr begehrte) von Fotografin zu Fotograf weitergereicht. Es geht sehr lebendig, lustig und kreativ zu – und nebenbei entstehen auch noch viele gute Bilder.
Was beeindruckt: die Teilnehmer*innen haben die Hinweise aus der Bildbesprechung klar umgesetzt und so ist von einem Tag zum nächsten wirklich ein Unterschied in den Aufnahmen zu sehen. Mit Erlaubnis der Teilnehmer*innen trifft Rendel Freude schließlich – aufgrund eines Stromausfalls mit Taschenlampe, der Laptop hat zum Glück noch genug Akku – aus 1000 Bildern eine Vorauswahl von ca. 50 Aufnahmen für die Ausstellung. Freitagmorgen ist wieder Bildbesprechung – alle sind beeindruckt von den Ergebnissen, von sich, den Bildern, der Menge… Später sitzen die an Bildbearbeitung Interessierten neben dem Rechner, während die Aufnahmen für das Fotolabor und den Drucker vorbereitet werden.
Eine Woche später wieder in Kigali: die Teilnehmer*innen und Bilder sind da, das Haus ist frisch geputzt und alles glänzt. Das Hängen geht ganz unkompliziert und am Samstagnachmittag warten alle sehr aufgeregt auf Besuch. Es fehlt zwar noch das Buffet, aber die ersten Gäste kommen schon bald. Und auch das Fernsehen kommt mit Kameramann und Journalist, der die jungen Fotografen vor ihren Arbeiten interviewt. Schließlich wird die Ausstellung mit Gesang und Tanz eröffnet und alle Teilnehmer*innen erhalten ihre Zertifkate.