Die FREELENS Foundation übernahm 2021 eine Partnerschaft für die nigerianische Fotografin Alexis Tsegba und ermöglichte ihr so einen dreiwöchigen Aufenthalt in Deutschland, um an dem Projekt »Beyond III – [post]koloniale Gegenwart« teilzunehmen.
Ein Bericht von Juliane Herrmann, Initiatorin von Beyond
Wie setzen sich zeitgenössische Fotograf:innen aus Afrika und Europa mit einer gemeinsamen Geschichte, aber ganz unterschiedlichen Erinnerungen und Perspektiven, auseinander? Welche Bilder herrschen jeweils über den/die Anderen vor? Und was können wir voneinander lernen?
»Beyond« startete 2016 als gemeinschaftlich organisiertes Fotografie-Magazin im Zeitungsformat. Die dritte Ausgabe regte im Jahr 2021 einen Diskurs zu kolonialen Strukturen in der Fotografie, zur Macht der Bilder und zu den Bedingungen der Bildproduktion in einer globalisierten Welt an. Dafür lud die Initiative zehn Fotograf:innen aus Afrika und Westeuropa ein, ihre Arbeiten in einem Magazin zu präsentieren und ihre Ideen in einem Austauschprogramm zu diskutieren. Nachdem im Beyond Magazin (Mai 2020) bereits die theoretische Grundlage gelegt wurde, fanden vom 12. bis 22. August 2021 eine Ausstellung und ein Dialogforum im Alten Pfandhaus in Köln statt.
Zudem gab es über einen Zeitraum von drei Wochen einen internationalen Künstler:innenaustausch mit Teilnehmenden aus Nigeria, dem Kongo und Deutschland, die gemeinsam Gedanken und Ideen austauschten und an verschiedenen Programmpunkten wie Ausstellungsbesuchen, kulturellen Veranstaltungen und internen Gesprächsrunden partizipierten. Dabei war Beyond die Förderung grenzüberschreitender Kontakte und das gegenseitige voneinander Lernen besonders wichtig.
In einem Dialogforum, in Kooperation mit dem Rautenstrauch-Joest-Museum, wirkten die Teilnehmer:innen zudem am öffentlichen Rahmenprogramm der Ausstellung mit. Während des Ausstellungszeitraumes und darüber hinaus gab es verschiedene Veranstaltungen im Alten Pfandhaus sowie im Rautenstrauch-Joest-Museum. Den Höhepunkt des Dialogforums bot die Podiumsdiskussion »Die Dekolonisierung des Denkens // Was kann die Kunst?«, die am 19. August 2021 im Alten Pfandhaus stattfand. Daneben gab es mehrere Künstler:innengespräche und Führungen durch die Ausstellung im Alten Pfandhaus, eine Insiderführung durch das fotografische Archiv des Rautenstrauch-Joest-Museums und einen gemeinsamen Besuch der Ausstellung »RESIST!« im Rautenstrauch-Joest-Museum.
An dem Austausch vor Ort nahmen fünf Beyond-Künstler:innen und das Team von Beyond teil. Mit der finanziellen Unterstützung des Africologne Festivals und der FREELENS Foundation konnte für die nigerianische Fotografin Alexis Tsegba und den kongolesischen Fotografen und Kameramann Paul Shemisi ein dreiwöchiger Aufenthalt in Deutschland organisiert werden. Die FREELENS Foundation stellte dabei eine Partnerschaft für Alexis Tsegba und unterstützte sie mit der Übernahme der Reise- und Aufenthaltskosten in Köln. Ohne die Hilfe der Foundation wäre es Alexis nicht möglich gewesen, an dem Programm teilzunehmen. Aufgrund der Pandemie war es eine große Herausforderung, die beiden afrikanischen Fotograf:innen nach Deutschland und später auch wieder in ihre Heimat zu bringen. Wir sind der FREELENS Foundation sehr dankbar für die unkomplizierte und unbürokratische Kommunikation und die Übernahme der (zusätzlich entstandenen) Kosten.
Die in Nigeria lebende Fotografin Alexis Chivir-ter Tsegba experimentiert seit vier Jahren mit digitalen Collagen. Diese Collagen beleuchten die Beziehung der afrikanischen Bevölkerung zu Natur, Kultur und Technologie. Auffällige Figuren bevölkern ihre surrealistischen Landschaften, die voll von versteckten Symbolen sind, die traditionelle Vorstellungen von Afrozentrismus, Afrofuturismus, Liebe, Ausdrucksformen von Gender und Religion in Frage stellen.
Alexis glaubt, dass Afrozentrismus und Afrofuturismus etwas Besonderes sind, weil sie dazu beitragen, das Bild von Afrika als dunklem Kontinent, der gerettet werden muss, zu verändern. Der Afrofuturismus ermöglicht es ihr zu zeigen, wie ihr ideales Afrika aussehen könnte: ein Kontinent, auf dem die Menschen freundlicher und toleranter gegenüber Unterschieden sind, während sie sich auf die Technologie verlassen, um einige Aspekte ihrer reichen Kultur zu verbessern.
Ihre Arbeit trägt auch dazu bei, über Stereotype zu sprechen – zum Beispiel, wie afrikanische Menschen, insbesondere Männer, ihre Zuneigung zueinander ausdrücken. Aufgrund der Auswirkungen der Kolonialisierung und der Unterwanderung durch die Religion ist der Glaube weit verbreitet, dass körperliche und emotionale Zuneigung »unafrikanisch« sind.
Wie langsam der Prozess auch sein mag, es ist wichtig, die Überzeugungen, die die Afrikaner:innen vor der Kolonialisierung hatten, wieder zu erlernen und, wenn möglich, einige der zerstörerischen Ideen, die die Kolonialisierung auferlegt hat, umzukehren.
Alexis erstellte vor Ort in der Beyond-Ausstellung eine neue Collage und brachte sich sehr aktiv in das Austauschprogramm ein. Ein besonderes Anliegen war ihr, über die Restitution der derzeit noch im Rautenstrauch-Joest-Museum befindlichen Benin-Artefakte zu reden. Diese wählte sie auch zum Thema ihrer während des Aufenthalts entstandenen Collage »The Joy of ›Independence‹«. Die Benin-Artefakte sollen nun in naher Zukunft den Weg zurück in ihre Heimat finden.